Wird ein Stellenbewerber zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen, muss der Arbeitgeber in aller Regel die Aufwendungen ersetzen, welche der Bewerber den Umständen nach für erforderlich halten durfte. Dazu gehören insbesondere die Fahrtkosten, welche bei den derzeitigen Benzinpreisen einen nicht unerheblichen Kostenfaktor für Bewerber darstellen können. Der Anspruch auf Fahrkostenerstattung ergibt aus §§ 670, 662 BGB und besteht unabhängig davon, ob ein Bewerber auf eine Stellenanzeige des Arbeitgebers reagiert oder ob es sich um eine Initiativbewerbung handelt – entscheidend ist die ausdrückliche Einladung des Arbeitgebers.
Sowohl Job als auch Praktikum
Genauso ist es unerheblich, ob ein fester Arbeitsplatz oder eine Praktikumstelle zu besetzen ist. Selbst wenn für das Praktikum keine Vergütung gezahlt wird, muss der Praktikant nicht auf eigene Kosten anreisen, wenn der Arbeitgeber zuvor ein Vorstellungsgespräch mit ihm führen möchte.
Zu ersetzen sind erforderliche Reisekosten
Sofern keine andere Vereinbarung getroffen wurde, sind nach der regelmäßigen Rechtsprechung der Arbeitsgerichte alle Reisekosten erstattungsfähig, die der Bewerber für erforderlich halten durfte. Dazu gehören Fahrtkosten mit dem eigenen PKW, mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder auch die Kosten für ein Taxi – Flug- oder Übernachtungskosten dagegen nur im Ausnahmefall. Eine Reise in der ersten Klasse muss nur bei herausragenden Positionen, bei denen der Bewerber eine standesgemäße Anreise erwarten darf, bezahlt werden. Bei Anreise mit dem eigenen PKW können grundsätzlich die tatsächlich entstandenen Kosten abgerechnet werden, allerdings sind diese Kosten im Einzelfall nicht ohne weiteres zu ermitteln und zu belegen. Deshalb ist es zur Zeit üblich 0,30 EUR pro gefahrenen Kilometer anzusetzen. Ersatz für einen Urlaubstag, den der Bewerber für das Vorstellungsgespräch genommen hat, muss dagegen nicht geleistet werden.
Arbeitgeber hat das Heft in der Hand
Der Arbeitgeber kann zur Vermeidung von Streitigkeiten schon im Einladungsschreiben darauf hinweisen, welche Kosten er erstatten wird, z.B. nur 0,30 Euro pro gefahrenen KM oder eine Zugfahrt in der 2. Klasse. Er kann auch eine Übernahme der Reisekosten gänzlich ausschließen, allerdings nur dann, wenn er den Bewerber davon im Vorfeld eindeutig, sinnvollerweise schriftlich, informiert hat.
Ausgang des Vorstellungsgespräches unerheblich
Ob ein Arbeitsverhältnis tatsächlich zu Stande kommt, ist für die Frage der Kostenerstattung unerheblich, allerdings besteht der Anspruch auf Fahrkostenersatz auch immer nur dann, wenn der Bewerber auch zur vereinbarten Zeit zum Vorstellungsgespräch tatsächlich erscheint. Kommt der Bewerber zu spät oder gar nicht zum Gesprächstermin, kann er auch keine Kosten geltend machen, selbst wenn er den Firmensitz nicht findet. Es ist grundsätzlich Sache des Bewerbers, seine Anreise zum Vorstellungsgespräch angemessen vorzubereiten und einen ausreichenden Zeitpuffer einzuplanen. Das Risiko, trotz Anfahrtsskizze, Stadtplan oder Navigationssystem den vereinbarten Treffpunkt nicht zu finden, trägt er selbst und nicht der Arbeitgeber, wie auch das LAG Rheinland-Pfalz in einem aktuellen Urteil festgestellt hat. Die erfolglose Anreise eines Bewerbers begründet somit keinen Aufwendungsersatzanspruch, sofern nicht außergewöhnliche Umstände ausnahmsweise eine andere Bewertung rechtfertigen (LAG Rheinland-Pfalz, 07.02.2012 – 3 Sa 540/11).